Außer dem Giersch kenne ich kein „Unkraut“ das zum einen so hartnäckig von Gärtnern verfolgt und zum anderen so unterschätzt wird. Die Brennnessel ist wohl die Pflanze, mit der die meisten Kinder die ersten unangenehmen Erfahrungen machen – und dabei bleibt es oft, was sehr, sehr schade ist, denn die Brennnessel hat wirklich außergewöhnliches Potential. Man kann tatsächlich die gesamte Pflanze essen und verwenden:
Die Blätter können als Spinatersatz wunderbar gekocht werden. Durch Blanchieren in heißem Wasser werden die Brennhaare zerstört, so dass der Verzehr problemlos möglich ist. Theoretisch ließen sich die Blätter auch roh essen. Dazu legt man die Blätter zwischen zwei Geschirrtücher und walkt sie ordentlich mit dem Nudelholz. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass trotzdem das eine oder andere Brennhaar überlebt und habe mich bisher nicht getraut, Brennnesselblätter in den Salat zu geben 😉
Die Samenstände der weiblichen Pflanzen (die Brennnessel ist zweihäusig, das heißt, es gibt männliche und weibliche Pflanzen) können im Spätsommer im noch grünen Zustand abgerebelt und getrocknet werden. Ich setze mich für diese Prozedur mit gewöhnlichen Gartenhandschuhen und einer Schüssel neben die Pflanzen und kann sie dann gut abstreifen. Anschließend lege ich die Samen auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech und lasse sie bei Zimmertemperatur trocknen. Über den Winter habe ich so eine tolle, stärkende Zutat für den Salat! (Außerdem sollen die Samen aphrodisierend wirken ☺️)
Die Erntezeit für die Wurzeln ist – wie für alle anderen Wurzeln auch – der Frühling und der Herbst. Diesen Pflanzenteil habe ich zugegebenermaßen noch nicht selbst ausprobiert, aber in einschlägigen Büchern findet man Anwendungsgebiete im Bereich von Prostatabeschwerden sowie Nieren- und Blasenproblemen. Vielleicht hat jemand von euch schon Erfahrung damit? Schreibt es gern in die Kommentare!
Im Übrigen enthalten Brennesselblätter im Vergleich zu Spinat etwa die dreifache Menge an Eisen, Calcium und Eiweiß und auch ein Vielfaches dessen Menge an Vitamin C. Brennnessel-Spinat wäre also eigentlich die weitaus gesündere Wahl im Vergleich zum Kulturspinat – man hat halt ein bisschen mehr Mühe bei der Beschaffung.
Abseits von Kulinarik ist die Brennnessel im Übrigen Protagonistin eines meiner liebsten Kräutermärchen. Es geht darum um einen armen Prinzen, der, um heiraten zu können, seinen künftigen Schwiervater mit der Geschichte überlistet, er besäße eine Pflanze, die reines Gold wert sein sollte. Wie das Märchen ausgeht, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten – vielleicht stolpert ihr einmal darüber, dann soll die Spannung nicht schon zerstört sein 😉
Erzählungen, Märchen und Mythen gibt es unzählige über die Brennnessel – schon seit Tausenden von Jahren ist sie Bestandteil von Geschichten und Orakeln. Sie galt als Pflanze gegen schwarze Magie, als Wetterpflanze, Aphrodisiakum und Schutzpflanze. Beispielhaft soll hier erwähnt sein, dass in der Johannisnacht Brennnesseln an die Fenster und Türen des Stalles hängte um das Vieh vor bösen Kräften zu schützen.
Ich glaube, ich könnte über die Brennnessel noch zwei Tage lang weiterschreiben, so viel gäbe es noch zu berichten. Aber vielleicht hat der eine oder die andere noch etwas über Anwendungen, Sagen oder Rezepte zu erzählen? Schreibt es gern in die Kommentare!
