Wohl kaum ein Strauch ist bei uns so bekannt und um kaum einen anderen ranken sich so viele Legenden und Mythen wie beim Schwarzen Holunder, umgangssprachlich meist Holunder oder Holler(-busch) genannt.
Fast jeder Hof hatte früher einen solchen am Haus stehen – und zu Recht, denn abgesehen von den vielen Märchen und Mythen, die sich um diesen Strauch ranken, ist er auch tief in der Volksheilkunde verwurzelt. Am bekanntesten ist bei uns in der Gegend wohl die Verwendung der Blüten und ihre Verarbeitung zu Holdersirup. Der schmeckt aber auch köstlich – vor allem an heißen Tagen, gespritzt mit Sodawasser. Vor einigen Jahren haben wir sogar über 20 Liter gemacht, damit es auch ja ganz sicher übers Jahr reicht (hat es!). Oft werden die Blüten auch in Teig herausgebacken, was ich persönlich zwar noch nie probiert habe, aber wohl echt lecker schmeckt. Dieses Rezept steht auf jeden Fall noch auf meiner To-do-Liste.
Genauso wie die Blüten lassen sich auch die Beeren verarbeiten. Diese sind im rohen Zustand leicht giftig und verursachen Brechreiz und Durchfall. Verantwortlich dafür ist das Glykosid Sambunigrin – das baut sich beim Erhitzen aber ab. Man kocht die Beeren also zu Marmelade, Gelee oder auch Sirup bzw. Saft. Letzterer ist übrigens ein hervorragendes Hausmittel, wenn man im Winter anfällig für Erkältungen wird. Verantwortlich sind dafür Anthocyane, eine Untergruppe der Flavonoide, die Pflanzen und Früchten nicht nur eine wunderschöne blau-rote Farbe verleihen, sondern auch extrem gesund sind. Sie wirken stark zellschützend, denn sie fangen die sogenannten freien Radikale, die im Körper zellschädigend wirken. Die entzündungshemmende Wirkung können wir uns gerade in der kalten Jahreszeit wunderbar gegen feindliche Viren und Bakterien zunutze machen – egal, ob eine Infektion bereits ausgebrochen ist oder wir vorbeugend unser Immunsystem schützen wollen. Wenn bloß jede „Medizin“ so wohlschmeckend wäre wie Holunderbeerensaft 😉.
Aus Blättern und Rinde lässt sich ein stark harntreibender Tee bereiten. Vielleicht mal eine Idee, für eine Frühjahrskur? Bei der Rinde sollte man allerdings auf die Richtung achten, in der man sie vom Zweig abschält – schält man von oben nach unten, so wirkt der Tee abführend. Schält man aber von unten nach oben, so soll er Brechreiz auslösen, so sagt es jedenfalls der Volksmund.
Das ist allerdings nicht der einzige Mythos, der sich um diesen wunderschönen (und pflegeleichten) Strauch rankt. Man sagt, zu seinen Wurzeln wohnen die Erdwesen, manchmal sogar die Frau Holle selbst, und deshalb tut man gut daran, vor dem Holunder den Hut zu ziehen – und ihn nicht unnötig zu verletzen. Vor dem Rückschnitt – und erst recht, wenn man beabsichtigt, den Holder zu fällen – sollte man ihn um Verzeihung bitten und gerade letzteres sollte man nicht ohne Grund tun. Aber das sollte man ja ohnehin nie, oder?
Schon immer war der Holderbusch also ein Baum der Grenzen, vor allem auch der Grenze zwischen den Welten. Neugeborene wurden dem Busch präsentiert, für Verliebte wurde er zum Liebesorakel (wenn ein Mädchen den Strauch schüttelt, so kommt sein Bräutigam aus der Richtung, aus der der Hund bellt) und das Sargmaß wurde traditionell mit einem Holderstock genommen. Sogar in den modernen Märchen findet der Holunder seinen Platz, als Holz, aus dem der mächtigste Zauberstab der Erde gemacht wurde – nachzulesen in Harry Potter.